Führerschein und erste Touren durch Osaka

Theoretisch sollte es ganz einfach sein: Wer einen deutschen Führerschein besitzt kann sich in der nächsten Führerscheinstelle einen japanischen ausstellen lassen. Das einzige was man dazu braucht ist eine gültige Übersetzungen des aktuellen Führerscheins (z. B. durch den japanischen Automobilclub JAF), zwei Passfotos in der richtigen Größe, ein residence certificate (Juminyho, 住民票) und den deutschen Führerschein.
Der Prozess einen Führerschein zu bekommen ist aber wohl das ineffizienteste, was ich bisher erlebt habe. Es geht schon damit los, dass die Führerscheinstelle nur 25 ausländische Führerscheine pro Tag in japanische umwandelt. Das führt dazu, dass sich bereits kurz nach 7 Uhr morgens eine Schlange vor dem Eingang bildet obwohl die Schalter erst um 8:45 Uhr öffnen. Immerhin wird man bereits um kurz nach 8 ins Gebäude gelassen, so dass man nicht im Regen stehen muss. Mit allen anderen Antragstellern, so weit ich das mitbekommen habe alles Chinesen, warte ich also bis sich, auf die Minute genau, um 8:45 Uhr die Rollläden der Schalter öffnen. Das Antragsformular kann nicht im Vorhinein ausgefüllt werden, da es erstmal am Schalter abgeholt werden muss. Wäre auch zu einfach, wenn es als PDF online verfügbar sein würde. Es ist natürlich auch nur auf Japanisch. Macht auch Sinn, weil das nur Ausländer ausfüllen müssen.
Selbst meine Kollegin, die mich freundlicherweise bei den ganzen Behördengängen unterstützt, weiß nicht wie manche Passagen des Formulars zu verstehen sind. Wir fragen den freundlichen Mitarbeiter am Schalter und geben anschließend alle Unterlagen ab. Nun heißt es warten. Aber nicht auf den Führerschein sondern auf das nächste Formular. Nach und nach werden die Antragsteller aufgerufen um Fragen zu der Führerscheinprüfung, die bei mir weit über 20 Jahre her ist, zu beantworten: Wie viele Fragen mussten sie bei der theoretischen Prüfung beantworten? Wie viele Fahrstunden haben sie gehabt? wie lange fahren sie schon Auto? Haben sie gegen Verkehrsregeln verstoßen? In welchem Auto haben sie ihre Prüfung abgeleistet? Sind sie auf der Straße oder einem Übungsgelände gefahren? Uns war schnell klar, dass ich die gleichen Fragen gestellt bekam, die alle hier beantworten müssen. Dabei hat es keine Rolle gespielt, dass ich einen deutschen Führerschein besitze.
Nach Formular 2 hieß es wieder warten. Diesmal ungewöhnlich lange. Es schien aber alles okay zu sein und es ging weiter zu Formular 3. Diesmal gab es eine Überraschung. Die Erklärungen waren tatsächlich in perfektem Deutsch. Es ging eigentlich nur um meinen gesundheitlichen Zustand und ob ich ständig betrunken Auto fahre. Das war es aber schon mit Formularen und der Sehtest stand an.
Man stellt sich wieder in eine Schlange. Diesmal auch mit älteren Japanern, die offensichtlich Schwierigkeiten hatten den Test zu bestehen. Der Sehtest läuft ähnlich wie beim Optiker ab und man muss sagen wo ein Kreis geöffnet ist und welche Farben man sieht. War in Sekunden erledigt und ich frage mich schon wie gründlich der Test war. Anschließend gibt man die Bestätigung des bestandenen Sehtests an dem Schalter mit den Formularen ab und erhält eine Rechnung, die an der Kasse bezahlt werden muss. Es werden sogar Karten akzeptiert. Nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit. Ich musste zwei Gebühren entrichten, Einmal für Motorräder ohne Begrenzung und für normale PKW. Warum zwei ist mir nicht klar. Ich bekomme ja auch nur einen Führerschein.
Weiter geht’s in einer Etage weiter oben zum Passfotos machen. Warum? Ich hatte doch erst zwei abgegeben. Ach hier wird erst einmal gewartet bis die Kabinen öffnen. Nachdem das Foto gemacht wurde geht es in einen Prüfungsraum. Mit einem deutschen Führerschein muss eigentlich keine Prüfung bestanden werden. Es gibt auch keinen, den man fragen kann. Es stellte sich heraus, dass einige Antragsteller ihren Führerschein sofort ausgehändigt bekommen, andere verbleiben im Prüfungsraum (… und wurden nie mehr gesehen). nach einem Vormittag warten und Formulare ausfüllen hielt ich meinen, auf zwei Jahre und 3 Monate (?) begrenzten, japanischen Führerschein in den Händen.

Fahranfänger müssen übrigens im ersten Jahr einen grün-gelben Aufkleber am Auto haben. Das gleiche Gilt für Senioren ab 70 Jahren. Hier der 初心者マーク für Anfänger:

Und hier der 高齢者マーク für Senioren:

Die Führerscheine in Japan sind wie die neuen in Deutschland zeitlich begrenzt und müssen nach einer gewissen Zeit erneuert werden. Das richtet sich danach wie lange man ohne Vorkommnisse gefahren ist. Das Ablaufdatum ist farblich hinterlegt, Grün bei neuen Führerscheinen, Blau für normale Fahrer und Gold für gute Fahrer mit einer Gültigkeit von 5 Jahren. Wenn ich das richtig verstanden habe muss bei jeder Verlängerung ein Sehtest gemacht werden, was ich sehr gut finde.

Autofahren in Osaka ist erstaunlich einfach. Ich habe mir einen Account bei dem Carsharing Anbieter Times gemacht, der auch viele Parkplätze und Parkhäuser hier betreibt. Natürlich braucht man dafür einen japanischen Führerschein und die App zum Autos Finden sieht aus als wenn sie für Android 4 programmiert wurde. Englisch sucht man in der App und im Auto auch vergebens.

Ich hatte mir einen Honda Freed (wer kennt ihn nicht) und Mazda 3 geliehen. Der Honda hat mich alle 10 Minuten vor irgendwas gewarnt. Ich weiß aber nicht was. Bis jetzt fand ich das Fahren hier, obwohl es eine Metropole mit 2.7 Millionen Einwohnern ist, sehr entspannt. Die Verkehrsschilder sind fast die gleichen wie in Deutschland. Nur das Stoppschild ist hier dreieckig und es steht 止まれ drauf. So weit ich weiß gibt es kein Links vor Rechts. Wenn man ein “T” auf der Kreuzung sieht muss man Vorfahrt gewähren, wenn es auf der Seite liegt hat man Vorfahrt. Blinkende rote Ampeln sind mit Stoppschildern gleichzusetzen und an Bahnübergängen muss man immer kurz halten. Die Ampeln sind meistens auch auf der anderen Seite der Straße angebracht, wie man es aus den USA kennt. Das finde ich sehr praktisch, weil ich in Deutschland oft Probleme habe die Ampeln gut zu erkennen. Die verstecken sich bei mir immer geschickt hinter der A-Säule oder dem Autodach. Generell darf man nirgendwo parken wenn es nicht explizit erlaubt ist. Die Japaner lösen das so, dass sie ihr Auto mit laufenden Motor und Warnblinker links stehen lassen. Wirklich toll.
Andere Autofahrer sind meistens sehr freundlich, lassen einen einscheren, wenn die eigene Spur blockiert ist und bedanken sich immer mit Warnblinkern. Aber auch hier gibt es Idioten (in einem Porsche 911), die meinen mich auf einer Abbiegespur nach rechts überholen zu müssen. Der Verkehr fließt wie in anderen Großstädten auch sehr zäh. Man könnte auch die kostenpflichtige Stadtautobahn nehmen. Soll aber sehr teuer sein. Schilder für die Autobahnen sind in Grün und normale Straßen in Blau gehalten. Das kann schonmal etwas verwirrend sein. Einmal bin ich auf einer mehrspurigen Straße fast auf die Autobahn gefahren aber glücklicherweise gib es vor den Rampen immer eine Abbiegespur um wieder auf die normale Straße zu kommen.

Fahrradfahren dürfen meistens in beide Richtungen durch Einbahnstraßen fahren. Bei der Masse an Fahrrädern fände ich es besser, wenn mehr auf den Straßen fahren würden. Noch besser wären mehr baulich getrennte Radwege. Immer noch finde ich die Menge an Radfahrern hier interessant. Die interessiert es auch nicht auf welcher Seite der Straße die fahren. So kommt es vor, dass einem in einer Einbahnstraße links und rechts Radfahrer entgegen kommen.
Meistens wird hier übrigens rückwärts eingeparkt. Ist auf engen Parkplätzen wahrscheinlich einfacher. Auf den Straßen sieht man überraschend viele Minivans. Ich vermute, der Grund dürfe vor allem sein, dass sich Autos hier, außer für Familien, eher nicht lohnen. Außerdem sind Stellplätze rar gesät. Familien mit Minivans werden öfter ein Haus mit Stellplatz haben.

Comments

  1. Bernd Beuster says:

    Daß die Japaner Bürokraten vor dem Herrn sind, ahnte ich schon, als ich mal ein Paket mit 20 kg Maximalgewicht mit 600g Übergewicht auf der Fujitsu-Poststelle aufgeben wollte. Da half kein Diskutieren oder das Angebot den Mehrpreis zu bezahlen.
    Danke für die sehr informativen, unterhaltsamen Artikel!

  2. Bernd Beuster says:

    Passierschein A38!

    1. Jens says:

      Daran hatte ich auch gedacht. 😀

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